Die Kunst der Wildtierfotografie

 

Allgemeines

Im Internet findet man unendlich viele Anleitungen, Videos und Tutorials welche das Thema Wildtierfotografie behandeln. Nutzen Sie diese Möglichkeiten. Das Thema umfasst so viele Aspekte so dass man selber immer wieder etwas dazu lernen kann. Auf dieser Seite möchte ich deshalb eher auf meine persönlichen Erfahrungen und Techniken eingehen.  Wildtierfotografie bedeutet das man sich viel in der Natur bewegt. Viele Tierarten erfordern gute Kenntnisse über ihre Lebensweise und ihr Verhalten.

 

Sämtliche technischen Beschreibungen beziehen sich auf meine Ausrüstung:

Kamera: Canon EOS 5D Mark4

Objektiv Canon EF 600mm USM II

 

Lernen Sie Ihre Kamera kennen. Sie sollten diese in- und auswendig kennen. Lernen Die die Kamera Blind zu bedienen. Im entscheidenden Moment habe Sie keine Zeit die Kamera zu studieren. Wildtieren ist es egal ob Ihnen ein Bild gelingt oder nicht.

 

 

Erkunden Sie die lokale Tierwelt

Sie müssen nicht hunderte von Kilometern weit fahren um eine bestimmte Tierart zu Fotografieren. Oft findet man seltene und auch schöne Wildtiere in der direkten Umgebung. Gehen Sie am Abend oder Morgen raus in die Natur und beobachten. Sie werden staunen wie viele Tiere Sie finden werden!

 

Diesen Käfer entdeckte ich per Zufall auf einem meiner Ausflüge im Wald. Nun weiss ich das der seltene Alpenbock direkt vor meiner Haustüre lebt.

 

 

Geduld

Die Wildtierfotografie erfordert sehr viel Geduld, Ausdauer aber auch etwas Glück. Meinen ersten Eisvogel bekam ich erst vor die Linse nachdem ich Ihn mehrere Abende aus der Ferne beobachtete und dann nochmals insgesamt 16 Stunden im Tarnzelt verbrachte. Während dieser Zeit war die Kamera immer auf den gleichen Ast ausgerichtet bis er sich dann für 20 Sekunden daraufsetzte.

 

 

Respekt vor der Natur

Oft frage ich mich selber ob ich die Tiere mit meinem Hobby störe. Optimalerweise bemerkt ein Wildtier gar nichts vom Fotografen. Viele Wildtiere haben sehr ausgeprägte Sinne welche denen der Menschen deutlich überlegen sind. Es liegt nun an mir diese Sinne zu kennen und zu berücksichtigen. Sei es das klicken der Kamera, mein Geruch, Bewegung oder bestimmte Farben. Dies alles kann entscheidend dazu beitragen ob ein gutes Bild entsteht oder eben auch nicht. Es ist mit schon bewusst das die Wildtierfotografie so ganz ohne Störung eine Illusion ist. Diese Störungen auf ein Minimum zu reduzieren sollte jedoch von jedem Wildtierfotografen berücksichtigt werden. Hier ein paar Tipps um diese Störungen zu vermeiden.

 

Wind

Füchse und Rehe reagieren empfindlich auf den Geruch. Versuchen Sie sich, wenn immer möglich so zu positionieren das der Wind nicht Ihren Geruch zum Wildtier trägt.

 

Lärm

Nur schon das Klicken der Kamera kann einen Fuchs in die Flucht treiben. Viele Kameramodelle bieten dazu einen "Silent-Modus". In diesem Modus ist zwar die Serienbildgeschwindigkeit nicht so hoch, jedoch ist das Klicken auch deutlich leiser. Das man keine Wildtiere zu Gesicht bekommt, wenn man in ein Gespräch vertieft ist, erklärt sich von selber. Besonders wichtig ist das im Gebirge. Ich habe schon erlebt das man ein Gespräch in normaler Lautstärke hunderte Meter weit hören konnte. Ein weiterer Aspekt ist die Kleidung. Achten Sie darauf das Sie möglichst "knisterfreie" Kleidung tragen.

 

Farben / Reflexionen

Haben Sie gewusst das Hirsche nur Schwarz, Weiss und Blau sehen können? Ich musste es leider auch am eigenen Leib erfahren. Eine Gruppe Hirsche näherte sich mir bis ich hinter einem Tarnnetz aus einer blauen Flasche getrunken habe.

Prüfen Sie an Ihrer Ausrüstung das keine reflektierenden Flächen vorhanden sind. Im richtigen Winkel zur Sonne verraten Diese sonst Ihren Standort. Tragen Sie unbedingt neutrale und natürliche Farben. Tarnkleidung ist nicht immer nötig, hilft jedoch enorm mit der Umgebung zu verschmelzen.

 

Bewegung

Vermeiden Sie Bewegungen indem Sie zum Beispiel in ein Tarn Zelt / Tarnversteck sitzen. Richten Die das Versteck möglichst bequem ein. So können Sie dann ohne Probleme mehrere Stunden im Versteck verbringen. Sprechen Sie unbedingt vorher mit dem Förster und Wildhüter. Bei dieser Gelegenheit knüpfen Sie auch gleich wichtige Kontakte.

 

Selbstgebautes Tarnversteck im Wald

 

Mit dieser Tarnung kam ein Fuchs bis auf 10 Meter zu mir heran. Er hörte zwar das Klicken der Kamera, registrierte mich aber nicht als Mensch oder Bedrohung.

 

Das folgende Bild entstand mit dieser Tarnung

 

 

Tageszeit

Da viele Tiere nachtaktiv sind eignen sich die frühen Morgen- oder Abendstunden besonders für die Wildtierfotografie. Zu diesen Zeiten ist auch das Licht auf der Seite des Fotografen. In dieser Zeit haben Sie auch das schönste Licht zum Fotografieren. Vermeiden Sie die Mittagszeit. Das Licht ist dann zu grell und es entstehen selten gute Bilder.

 

 

Ansitz oder Pirsch

Es gibt zwei Arten wie man Wildtiere fotografieren kann. Entweder man fotografiert die Tiere von einem fixen Standort aus (Ansitz) oder man versucht sich den Tieren unbemerkt zu nähern. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile wobei immer der Grundsatz gelten muss, die Tiere nicht zu stören.

 

Ansitz

Bei dieser Variante versteckt man sich an einem Ort wo man ein oder mehrere Tiere vermutet/erwartet. Dabei hat man den Vorteil das man den Standort selber bestimmen kann. Hierbei können unter anderem auch die Lichtverhältnisse, Wind und Umgebung berücksichtigt werden. Oft verwende ich an einem solchen Standort auch Tarnmaterial wie Tarn-Zelt, Tarnnetze oder natürliche Objekte zur Tarnung. Der Nachteil ist das man immer den gleichen Blickwinkel beobachtet und dabei etwas Glück haben muss damit sich ein Tier in diesen Bereich bewegt. Der grosse Vorteil dieser Variante ist aber der Umstand das die Tiere am wenigsten gestört werden und man Sie dann über einen längeren Zeitraum aus nächster Nähe beobachten kann. Diese Variante ist für die meisten Tierarten geeignet (Fuchs, Reh, Hirsch, Vögel usw.) erfordert aber auch sehr viel Geduld und Ausdauer. Für mein erstes Eisvogelbild bin ich insgesamt 16 Stunden im Tarn-Zelt gesessen bis sich der Vogel 5 Meter vor meinem Zelt auf einen Ast gesetzt hat.

 

Pirsch

Auf der Pirsch hat man den grossen Vorteil einen grösseren Bereich abzudecken in welchem sich Tiere aufhalten können. Findet man auf der ersten Wiese keine Tiere geht man zur Nächsten usw. Als grossen Nachteil erachte ich den Umstand das die Wildtiere Witterung aufnehmen (Geruch, Bewegung, Geräusche, Farben, Reflexionen) bevor man die Tiere sieht. Mit etwas Glück gelingt aber auch so ein wunderschönes Wildtierbild.

 

 

Ausrüstung

Das Wichigste vorweg: Nach meiner Meinung sollte man seine Energie nicht zu sehr in die Ausrüstung investieren. Viel wichtiger ist das Licht, die Umgebung und das Motiv. Stimmen diese drei Komponenten so gelingt auch mit einer weniger teuren Ausrüstung ein fantastisches Bild. Oder umgekehrt, auch mit einer teuren Ausrüstung kann man schlechte Bilder machen. Es gibt aber auch Situationen in denen es punkto Ausrüstung markante Unterschiede gibt. Ich beschreibe hier ein paar Eigenschaften von Kamera / Objektiv welche in der Wildtierfotografie entscheidend sind:

 

Zoom / Vergrösserung (Brennweite)

 

Selten ist man nah genug am Wildtier. Je mehr Vergrösserung desto besser. In der Fotografie spricht man von Brennweite. Es gibt Weitwinkelobjektive im Bereich von 14mm bis zu grossen Teleobjektiven mit 800mm. Ich selber verwende vorwiegend ein 600mm Festbrennweitenobjektiv. Je mehr Brennweite ein Objektiv hat desto Lichtschwächer werden diese in der Regel. Es wird dann auch eine Frage der Lichtstärke, Grösse, Gewicht und Preis. Ein Teleobjektiv kann dann schnell einmal im preislichen Rahmen eines Kleinwagens liegen.

 

Lichtstärke (Offen-Blende)

Je grösser der Durchmesser eines Objektivs ist, desto mehr Licht gelingt auf den Foto-Sensor. Die Offenblende berechnet sich aus Brennweite durch den Durchmesser. Beispiel: Mein 600mm Objektiv ist ganz vorne 150mm breit. Das gibt eine Offenblende von F4. Je tiefer dieser Wert ist, desto besser und auch teurer werden diese Objektive. Da die Tierfotografie vorwiegend in der Dämmerung stattfindet ist es entscheidend ein besonders Lichtstarkes Objektiv zu verwenden. (Ein möglichst tiefer F-Wert)

 

Pixel / Auflösung

Sehr oft dreht sich alles nur um Pixel. Möglichst viele Pixel soll eine gute Kamera anscheinend haben. Es gibt allerdings ein Problem. Je mehr Pixel sich auf dem kleinen Fotosensor befinden, umso mehr Wärme entsteht am Sensor. Mehr Wärme bedeutet dann auch viel mehr störendes Bildrauschen. Auf der anderen Seite ermöglicht eine hohe Auflösung ein besseres zuschneiden des Bildes. Beides sind wichtige Punkte in der Tierfotografie und können nicht pauschal definiert werden. Die aktuell teuerste Spiegelreflex-Kamera von Canon hat gerade einmal knapp 20 Megapixel. Dafür hat diese ein sehr gutes Rauschverhalten so dass auch bei sehr dunkler Umgebung noch rauscharme Bilder entstehen können.

 

Stativ

Ich kenne Wildtier-Fotografen welche immer ein Dreibeinstativ verwenden. Mir wäre das zu umständlich, zu schwer und zu wenig flexibel. Ich selber verwende meistens nur ein Einbeinstativ. Dieses ist immer an der Kamera montiert und ich trage beides auf den Schultern. Ein Beispiel: ich bin im Wald unterwegs und plötzlich steht ein Reh vor mir. Bis ich nun das Dreibeinstativ aufgestellt habe, vergeht mehr Zeit als mit dem Einbeinstativ. Fotografiere ich aus einem Tarnversteck sieht das dann schon anders aus. Wenn ich mehrere Stunden im Tarn Zelt sitze, hat das Dreibeinstativ die Nase vorn. Dann kann ich die Kamera einfach so stehen lassen und muss diese nicht die ganze Zeit halten. Ganz auf ein Stativ verzichten würde ich aber auch nicht. Besonders bei den grossen und schweren Linsen wird es schwierig diese während eines längeren Zeitraum ruhig zu halten.

 

Sonnenblende

Fast jedes Objektiv wird mit einer Sonnenblende verkauft. Bitte nutzen Sie diese Sonnenblende! Diese verhindert störende Reflexionen welche seitlich ins Objektiv eindringen. Dies kommt zwar nicht oft vor ist aber eines von vielen kleinen Puzzleteilen auf dem Weg zu einem guten Wildtierbild. Zudem schützt es die Linse vor seitlichen mechanischen Beschädigungen.

 

Die Kamera ist mit dem Einbeinstativ immer griffbereit

 

 

Einstellungen an der Kamera

Hier möchte ich nochmals betonen das ich auf dieser Seite meine persönlichen Erfahrungen teile. Es mag gut sein das andere Fotografen andere Techniken anwenden. Ein richtig oder falsch gibt es nach meiner Meinung nicht. Wichtig ist das man die Tiere nicht stört und am Schluss zählt das Bild.

 

Belichtungszeit, Blende und ISO-Wert

Diese drei Begriffe sollten Sie unbedingt genau kennen. Dazu finden Sie unendlich viele Beschreibungen im Internet. Machen Sie sich mit diesen drei Werten vertraut. Sie bilden das Fundament in vielen Bereichen der Fotografie. Ich gehe an dieser Stelle nur ganz grob auf diese Werte ein. Wichtig ist zu wissen das sich diese drei Werte gegenseitig beeinflussen.

 

Belichtungszeit

Wie lange der Verschluss geöffnet wird um Licht auf den Sensor zu lassen bestimmt die Belichtungszeit. Diese sollte, wenn möglich immer genügend hoch sein. Ansonsten wird das Bild verwackelt oder es entsteht Bewegungsunschärfe sobald sich ein Tier bewegt.

 

Blende

Mit der Blende wird gesteuert wieviel Licht ein Objektiv durchlassen soll. Ist die Blende ganz zu, wird nur sehr wenig Licht auf den Sensor gelassen. So entsteht aber auch mehr Tiefenschärfe. Da bei der Dämmerung wenig Licht vorhanden ist, habe ich die Blende meistens ganz offen. Das führt dann dazu das die Tiefenschärfe eher klein ist und nur ein ganz schmaler Streifen scharf abgebildet wird.

 

ISO-Wert

Mit dem ISO-Wert kann gesteuert werden wie empfindlich der Bildsensor reagiert. Bei tiefen ISO-Werten muss mehr Licht auf den Sensor eintreffen um eine normale Belichtung zu erreichen. Dafür ist das Bild dann auch frei von Rauschen. Wird es dunkel in der Umgebung, kann der ISO-Wert erhöht werden. Das Rauschen nimmt dann allerdings zu.

Solange das Licht es zulässt, fotografiere ich immer mit einem fest eingestelltem ISO-Wert von 320. Wird es dunkler erhöhe ich den Wert bis max. 1600, selten auch auf 3200.

 

Programmmodus

Anfänger verwenden oft den Programmautomatik-Modus. Ich selber zählte auch dazu. Ich verurteile diesen Modus in keiner Weise. Lernen Sie ihre Kamera kennen, irgendwann wechseln Sie dann automatisch in den von ihnen bevorzugten Modus. Ich selber fotografiere immer im AV-Modus. Das heisst ich wähle an meiner Kamera die Blende manuell aus. Anhand der Blende und dem eingestellten ISO-Wert berechnet dann die Kamera die Verschlusszeit.

 

Fokus

Um es vorweg zu sagen: Fokussieren Sie immer auf das Auge des Tieres! Der Betrachter schaut in der Regel zuerst auf die Augen! Verwenden Sie zum fokussieren wenn möglich einen kleinen Fokuspunkt. Diesen können Sie an der Kamera jederzeit verstellen. Stellen Sie diesen auf die Augen des Tieres. Zusätzlich sollte Sie sich noch über die Autofokusbetriebsarten erkundigen. Ich selber verwende immer den AI-Servo Modus. Dies bedeutet, das die Kamera den Fokus automatisch nachführt, wenn das Tier auf mich zu läuft.

 

Bildgestaltung

Achten Sie auf die Bildgestaltung. Ich persönlich mag es nicht, wenn das Tier genau in der Mitte des Bildes steht. Wenn möglich platziere ich das Tier eher auf einer Seite so das es zur Bildmitte schaut. Achten Sie auf einen ruhigen Hintergrund. Versuchen Sie aber nicht zu viel. Machen Sie immer erst ein paar Aufnahmen von Ihrem aktuellen Standort! Oft bewege ich mich nur ein paar Schritte um einen besseren Winkel zu bekommen und schon ist das Tier weg.

 

Bildbearbeitung

Oft hört man die Leute sagen das es mit Photoshop ein Einfaches ist ein Bild zu manipulieren oder auch das ein Bild ja am Computer bearbeitet wurde und deshalb nicht echt sei. Ich selber Fotografie immer im Rohbild-Modus. Das heisst das meine Kamera die Bilder so abspeichert wie Sie direkt aus dem Bildsensor kommen. Danach bearbeite ich die Bilder am Computer. Dazu gehören Anpassungen wie Zuschnitt, Weissabgleich, Kontrast, Helligkeit, Sättigung und Bildschärfe. Diese Methode hat einen entscheidenden Vorteil gegenüber der herkömmlichen Fotografie mit welcher direkt JPG-Dateien aus der Kamera genommen werden. So kann man zb. einen Weissabgleich im Nachhinein ohne Verlust an Bildinformationen durchführen. Ändert man den Weissabgleich an einem JPG verliert man immer etwas an Bildinformationen und somit auch an Bildqualität. Wenn man es genau betrachtet entsteht auch bei dieser Variante zuerst ein Roh Bild an welchem die Kamera ein Weissabgleich macht und dann als JPG abspeichert. Macht es nun einen Unterschied ob ich den Weissabgleich am Computer mache oder die Kamera direkt? Früher, in der analogen Zeit wurden Bilder übrigens auch nachbearbeitet. Es gab im Labor verschiedene Methoden ein Bild so zu entwickeln wie es der Fotograf wünschte.

 

 

 

Beispiele

Anbei einige Beispiele bei welchen Ich zusätzlich mit meinen persönlichen Einschätzungen kommentiere.

 

Der Mäusebussard ist eher rechts im Bild während er zur Bildmitte schaut

 

 

 

Zwar ein spannendes Bild, jedoch ist der Hintergrund viel zu unruhig

 

 

 

Hier stört der Hintergrund

 

 

 

Wegen der Dunkelheit hatte es sehr wenig Licht. Aus diesem Grund hat es viel Rauschen und wenig Schärfe. Das Motiv lässt aber all die technischen Aspekte in den Hintergrund rücken